Bad ‪Belzig‬: ‪NPD‬ setzt Hetzkampagne gegen ‪Flüchtlinge‬ in Potsdam-‪Mittelmark‬ fort

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Auch nach dem Brandanschlag auf eine als Flüchtlingsnotunterkunft umfunktionierte Sporthalle in Nauen (Landkreis Havelland) setzt die NPD ihre rassistisch motivierte Hetzkampagne gegen Flüchtlinge im Westen Brandenburgs weiter fort. Nach dem vor zwei Wochen Kundgebungen im Landkreis Ostprignitz-Ruppin stattfanden, war heute die mittelmärkische Kreisstadt Bad Belzig an der Reihe. Hier versammelte sich die NPD gleich an zwei Punkten im Ort, zunächst in einem Neubaugebiet am Stadtrand und anschließend auf dem Marktplatz in der Innenstadt, um ihre menschenfeindliche Propaganda zu verbreiten. An beiden Punkten protestierte aber auch die Bad Belziger Zivilgesellschaft. Weiterhin hatte sich die Stadtverwaltung mit einem Transparent am Rathaus dem Protest angeschlossen. Die Polizei setzte während der Kundgebungen auf eine weiträumige Trennung der Lager, schritt jedoch nicht ein als die Neonazis nach ihrer Kundgebung auf dem Marktplatz direkt am Infocafe „Der Winkel“ vorbeimarschierten. Das Café war in der nahen Vergangenheit immer wieder Ziel neonazistischer Attacken. Erst vor einem Monat wurden dort wieder Fensterscheiben eingeschlagen. Konträr zum Hass der Neonazis, hat der Verein aber auch viele Unterstützer_innen in der Gesellschaft. Erst vor wenigen Tagen wurde den Vereinsmitgliedern ein Spendencheck über 1.000,- € überreicht.

NPD setzt wieder verstärkt auf Aktionismus

Während in den vergangenen Monaten vor allem der ebenfalls in Potsdam-Mittelmark vertretene „Dritte Weg“ durch propagandistisch inszenierte Versammlungen auffiel, versammelte sich die Belziger NPD und ihre Sympathisant_innen aus dem ganzen Land heute wieder erstmals seit über einem Jahr in der mittelmärkischen Kreisstadt. An den beiden Kundgebungen, welche die Partei am heutigen Vormittag durchführte, beteiligten sich jeweils 30 bis 40 Personen, die u.a. auch aus Potsdam und Brandenburg an der Havel sowie den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin, Havelland, Dahme-Spreewald und Oder-Spree angereist waren. Ein Redner war sogar aus dem sachsen-anhaltinischen Halle/Saale angereist. Bekannte Mitglieder des dritten Weges, wie Maik Eminger und Pascal Stolle, die im vergangenen Jahr noch auf den lokalen NPD Kundgebungen Reden gehalten, fehlten jedoch. Trotzdem erschien die lokale Parteistruktur durchaus handlungsfähig. Zu Funktionären umgeschulte Sympathisant_innen haben offenbar die bestehenden Lücken ergänzend. Auch der momentan einzige NPD Abgeordnete im Landkreis Potsdam-Mittelmark, André Schär, scheint aktiver denn je zu sein. Permanent bombardiert er die Kommunalparlamente mit Anfragen zu Flüchtlingen oder politischen Gegner_innen. Insbesondere die momentane Herausforderung der Flüchtlingsunterbringung wird immer wieder in verächtlicher Weise thematisiert.

In Nauen hatte die NPD bzw. ihr momentaner Stadtrat Maik Schneider in den vergangenen Monaten eine ähnlichen gezielte Hetzkampagne ins Rollen gebracht, mit fatalen Folgen. Deutlich mehr Bürger_innen als in vergleichbaren Städten in Brandenburg hatten sich in der havelländischen Kleinstadt auf die Hasspropaganda eingelassen. Dies stärkte letztendlich die Radikalen. Mehrfach wurden Parteibüros der beiden Brandenburger Regierungsparteien angegriffen, als unrühmlicher Höhepunkt eine als Notunterkunft umfunktionierte Sporthalle durch gezielte, schwere Brandstiftung zerstört.

Trotz des mutmaßlichen Ermittlungsdruck der Polizei, auch durch angebliche Hausdurchsuchungen, scheint das Nauener Neonazimilieu nur wenig beeindruckt sein. Unter Führung von Maik Schneider nahm heute eine ganze Delegation von Neonazis aus Nauen an den beiden Kundgebungen in Bad Belzig teil. Dazu kamen noch die „Freien Kräften Neuruppin / Osthavelland“, die ebenfalls Stolz eine „Nauen“-Fahne wehen ließen. Dabei entstand fast der Eindruck, dass diese Personen, auch wenn einzelne von denen das Gegenteil behaupten, dem Brandanschlag nicht nur klammheimlich zu zustimmen, sondern klar und selbstwusst erkennen zu geben, teil dieser radikalen Szene zu sein bzw. für sie zu werben.

Multiplikation Belzig protestiert

Trotz des bedrohlichen Charakters der NPD Versammlungen gelang es der Belziger Zivilgesellschaft auch heute wieder zwischen 40 und 60 Personen zu den jeweiligen Gegenkundgebungen zu mobilisieren. Selbst als die Neonazis nach ihrer letzten Kundgebung spontan und ohne Polizeibegleitung direkt am Infocafé „Der Winkel“ vorbeimarschierten, blieben die Protestierer standhaft und zeigten selbstbewusst ihr Transparent der „Multiplikation Belzig“. Zwei Streifenwagen der Polizei, die kurz zuvor in unmittelbarer Nähe des Gebäudes postiert waren, waren hingegen trotz Hinweise auf die herannahenden Neonazis, wieder abgefahren. Zu Übergriffen kam es jedoch trotzdem nicht. Heute zumindest. In der Vergangenheit wurden hingegen jedoch immer Wieder die Scheiben des Café eingeworfen. Der Winkel dient als Treff- und Anlaufpunkt für Flüchtlinge in Bad Belzig. Hier können sie via Internet mit ihren Angehörigen kommunizieren, sich vernetzen oder einfach nur mit Einheimischen zusammen kommen und sich kulturell austauschen. Der in den vergangenen Tagen überreichte Scheck über 1.000,00 € kann deshalb auch als Anerkennung für die ehrenamtlichen Aktivitäten des Vereins angesehen werden.

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