Frankfurt (Oder): Proteste und Blockade gegen rassistischen Aufzug

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Gegen einen Aufzug rassistischen Inhalts haben heute ungefähr 100 Menschen protestiert. Sympathisant_innen von Linkspartei, DKP, Die Partei und Antifa hatten sich dazu immer wieder entlang der Demonstration versammelt und die daran teilnehmenden Rassist_innen und Neonazis ausgepfiffen. In der Karl-Marx-Straße-Straße setzten sich sogar ungefähr 30 Personen auf die Straße um den Aufzug zu stoppen. Dabei schritt zunächst auch die Polizei ein, entschloss sich dann aber die Protestierer sitzen zu lassen und den rassististischen Aufzug, der aus ungefähr 60 Teilnehmer_innen bestand, um die Menschenblockade herumzuführen. Der Aufmarsch endete dann wenige hundert Meter weiter nach einer kurzen Abschlusskundgebung.

Rassistischer Aufmarsch wird unattraktiver

Der heutige Aufzug war in diesem Jahr der mittlerweile dritte Versuch von Neonazis, Hooligans und Rassist_innen durch Hetze gegen Asylsuchende Stimmung in der Bevölkerung zu schüren. Allerdings stellt sich diese Unternehmung zusehends als immer unattraktiver da. Nahmen, laut Medienberichten, bei der ersten rassistischen Demonstration am 17. Januar 2015 noch ungefähr 250 Personen teil, sollen es bei der zweiten am 14. Februar 2015 nur noch 90 gewesen sein. Heute waren es sogar noch weniger, nämlich nur 60. Lediglich der harte Kern aus Parteifunktionären und Sympathisanten der NPD, der Partei „DIE.RECHTE“, des „Dritten Weges“ und „Freier Kräfte“ sowie rechte Hooligans des Fußballvereines 1. FC Frankfurt (Oder), zuvor „FC Vorwärts Frankfurt“, war geblieben. Diese kamen wiederum aus dem gesamten Land Brandenburg, aus den Landkreisen Potsdam-Mittelmark, Oder-Spree und Spree-Neiße sowie aus den kreisfreien Städten Brandenburg an der Havel und Frankfurt (Oder).
Anmelder war heute eine Einzelperson aus Frankfurt (Oder), zu dem Aufzug mobilisiert hatte die Socialmediainitiative „Frankfurt (Oder) wehrt sich“.
Organisatorisch dominiert wurde die Veranstaltung jedoch durch zwei Funktionäre des „dritten Weges“, Maik Eminger und Pascal Stolle. Beide hielten auch die einzigen Redebeiträge während der Versammlung, in denen überwiegend gegen Asylsuchende gehetzt und zum Widerstand gegen das „System“ aufgerufen wurde. Der Redner Pascal Stolle provozierte zudem mit antisemitischen Passagen, demnach „wir“ dem „Judentum immer noch Geld schulden sollen, für Dinge, die vor fast 80 Jahren geschehen sein sollen“. Durch diese Anzweiflung historischer Tatsachen verleugnet er de facto den Holocaust, auch wenn er es nicht explizit sagt.
Dieser Verbalradikalismus kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der „dritte Weg“, den Stolle vertritt, bisher kaum neue Mitstreiter_innen aktivieren konnte. Im Gegenteil, der Hauptaktivist_innenkreis bleibt auf Funktionäre aus Potsdam-Mittelmark beschränkt.
Zudem hat die Polizei bereits ein Auge auf den „dritten Weg“ geworfen. Während eines Aufmarsches in Wittstock/Dosse mussten sich einige Parteimitglieder ihrer Parteikluft entledigen, weil sie damit gegen das Uniformierungsverbot verstoßen haben sollen. Auch heute griff die Polizei offenbar diesbezüglich durch. Sowohl Eminger als auch Stolle entledigten sich ihrer T-Shirts vom „Dritten Weg“, nach einer Ansprache durch die Polizei.

Protestkundgebung am Platz der Republik

Gegen den rassistischen Aufmarsch mobilisiert hatte übrigens das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“. Als Sammelpunkt für Menschen, die direkt gegen den rassistischen Aufmarsch protestieren wollten, wurde der Platz der Republik ausgewiesen. Gegen 10.30 Uhr hatten sich dort ungefähr 50 Menschen versammelt. Fahnen der DKP und der „Partei“ waren zu sehen, wie auch einige Antifas. Außerdem war auch ein Lautsprecherwagen aufgebaut, der für Reden bereit stand.
In einem Redebeitrag des Flüchtlingsrates Brandenburg konstatierte dessen Sprecher Kay Wendel, dass sich die Stimmung in Deutschland „wie schon einmal in den 1990er Jahren“ an der Frage von Migration und Flucht polarisiere. Nicht nur ein „Häufchen Nazis“ auf der Straße, sondern, in Anspielung auf den Auftritt eines Schweizer Rechtspopulisten bei Jauch, auch im Fernsehen zur Prime Time werde gegen Asylsuchende Stimmung gemacht. Ähnlich spiele es sich auch in anderen europäischen Ländern ab, so beispielsweise in Großbritannien, wo die Zeitung „The Sun“ unlängst einen Kommentar veröffentlichte, in dem Migrant_innen als Kakerlaken bezeichnet wurden.
Weiterhin bezog Wendel gegen den neuen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur „Neuregelung des Bleiberechtes und der Aufenthaltsbeendigung“ Stellung. Dieser sehe vor allem die Stärkung des „Instrumentes der Abschiebehaft“ vor. Hierfür würde den Amtsgerichten eine Palette neuer Haftgründe in die Hände gelegt, so Wendel. Asylsuchende, die für ihre Flucht beispielsweise Schleuser bezahlten, könnten demnach in Zukunft leichter abgeschoben werden. Dabei ist zu wissen, so Wendel weiter, dass es Flüchtlinge ohne Schleuser nahezu unmöglich sei, die Grenzen der Europäischen Union zu passieren. Asylanträge könnten aber nur im Bereich der EU gestellt werden, nicht außerhalb.
Für Wendel war es deshalb heute nicht nur wichtig gegen die Rassist_innen auf der Straße zu demonstrieren, sondern eben auch seine Stimme gegen menschenfeindliche Tendenzen in der Legislative zu erheben. Seine abschließende Forderung an die Brandenburger Landesregierung lautete deshalb, das neue Gesetz auf Bundesebene zu kippen oder zumindest neu zu verhandeln.
Anschließend stand jedoch wieder das konkrete Geschehen in Frankfurt (Oder) im Fokus aller Aktivtäten. Das Protestpotential gegen den rassistischen Aufzug war inzwischen auf 100 Menschen angewachsen, die sich entlang der Strecke formierten. Am Park in der Paul-Feldner-Straße gab es dann den ersten Kontakt von Demonstrant_innen und Gegendemonstrant_innen in Hör- und Sichtweite. Allerdings schirmte die Polizei beide Lager weiträumig von einander ab, so dass der rassistische Aufzug ohne Stopp weitermarschieren konnte. In der Lindenstraße Ecke Logenstraße trennten die Beamt_innen ebenfalls die Lager. Erst in der Karl-Marx-Straße gelang es dann einer Gruppe von 30 Personen, eine Menschenblockade einzurichten. Auch wenn diese umgangen wurden, kamen die Rassist_innen jedoch nur wenige hundert Meter weiter, ehe sie ihren Aufzug von sich aus beendeten. Anschließend wurden sie in Richtung Startpunkt zurückeskortiert, ebenfalls begleitet von antifaschistischen Protestierern.

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